Die Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf das Handwerk der grenznahen Regionen am Beispiel der Euroregion Spree-Neiße-Bober

Müller, K. & Bang, K. (2003). Die Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf das Handwerk der grenznahen Regionen am Beispiel der Euroregion Spree-Neiße-Bober. Göttinger Handwerkswirtschaftliche Studien (Band 67). Duderstadt: Mecke.

Im Auftrag der Handwerkskammer Cottbus und mit finanzieller Unterstützung des Förderprogramms GI INTERREG III A Brandenburg-Lubuskie hat das Seminar für Handwerkswesen an der Universität Göttingen die Auswirkungen der bevorstehenden EU-Osterweiterung auf das Handwerk der grenznahen Regionen analysiert, wobei die Euroregion Spree-Neiße-Bober im Mittelpunkt der Untersuchung stand. Die Studie basiert auf einer breiten empirischen Erhebung bei Handwerksunternehmen aus dem Kammerbezirk Cottbus und aus Polen.

Ausgangspunkt der Untersuchung war, dass sich die Wirtschaft im deutschen Teil der Euroregion Spree-Neiße-Bober ebenso wie in der gesamten Region Cottbus derzeit in einer schwierigen Lage befindet. Das Bruttoinlandsprodukt sinkt seit zwei Jahren; besonders starke Einbrüche sind im Bergbau und Baugewerbe zu verzeichnen. Das Verarbeitende Gewerbe hat sich dagegen besser gehalten.

Hierunter leidet auch das Handwerk. Obwohl sich der Betriebsbestand in den letzten Jahren vergleichsweise positiv entwickelt hat, so waren doch bei Beschäftigten und Umsätzen Einbrüche zu verzeichnen, die weit über den bundesweiten Trend hinaus gingen und auch schlechter als in den neuen Bundesländern insgesamt ausfielen.

Vor diesem negativen Hintergrund sehen die meisten Handwerker die EU-Osterweiterung nur als ein zusätzliches Problem. Sie haben erhebliche Ängste, dass polnische Anbieter ihnen in wenigen Jahren in großer Zahl auf ihrem heimischen Markt Konkurrenz machen, wie es jetzt schon häufig in illegaler Weise geschieht. Diese Ängste sind allerdings relativ diffus, wahrscheinlich deshalb, weil keine genauen Informationen über die zukünftigen Veränderungen auf den Märkten vorliegen. Die Betriebe sind daher sehr verunsichert. Daneben gibt es auch eine relativ kleine Gruppe von Handwerkern, die teilweise bereits international tätig sind, wobei der Fokus bislang nicht primär auf den Beitrittsländern, sondern auf der übrigen EU, teilweise sogar auf Staaten aus Übersee liegt. Diese Unternehmer überlegen, wie sie sich auf die Osterweiterung vorbereiten können, holen sich Informationen, soweit diese vorliegen, und suchen nach Chancen, die sich ihnen in der vergrößerten Union bieten könnten.

Diese Chancen sehen sie vor allem in der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zu polnischen Unternehmen, wobei das reine Export- und Importgeschäft an erster Stelle steht. Im Baugewerbe spielt auch eine zukünftige Beauftragung von Subunternehmern eine Rolle. Eine intensivere Form der Zusammenarbeit, bspw. durch ein Joint Venture oder die Gründung einer Auslandsniederlassung, wie sie von Handwerksunternehmen aus den alten Bundesländern in nicht unbeträchtlicher Zahl bereits gesucht wird, ziehen sie dagegen kaum in Betracht. Ein Grund hierfür liegt sicher darin, dass den Betrieben meist die notwendige Finanzkraft bzw. die erforderlichen Sicherheiten fehlen, um an ein derartiges Engagement im Ausland zu denken.

Nicht zu vernachlässigen ist dabei die besondere Situation an der deutsch-polnischen Grenze. In dieser historisch nicht gewachsenen Grenzregion bestehen insbesondere in der deutschen Bevölkerung noch viele Vorbehalte gegenüber den östlichen Nachbarn. Nur wenn es gelingt, diese Blockaden abzubauen, eine regionale Identität in der Euroregion aufzubauen und zu einer intensiveren Form des Miteinanders – sowohl bei den Unternehmen als auch in der Bevölkerung – zu kommen, kann die Euroregion Spree-Neiße-Bober vom Beitritt Polens zur EU profitieren. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Region zu einem reinen Transitgebiet reduziert wird.

Gefordert ist deshalb auf Unternehmensseite eine Partnerschaft in Form von Wertschöpfungsketten, die ein gegenseitiges Lernen von den Stärken der jeweils anderen Seite bedingen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Chancen des Handwerks primär darin liegen, Produkte in Kombination mit ergänzenden Dienstleistungen anzubieten. Dies ist auch deshalb besonders wichtig, weil die polnischen Handwerker sicher in relativ kurzer Zeit ihre Leistungsfähigkeit verbessern werden.

Vor diesem Hintergrund wurden am Ende der Studie diverse wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen unterbreitet, die sich in folgende drei Gruppen einteilen lassen:

  1. Maßnahmen zum Zusammenwachsen der Grenzregionen,
  2. Maßnahmen zur Anpassung des Handwerks in der Region Cottbus an die veränderte Wettbewerbssituation,
  3. Maßnahmen zum Ausbau des grenzüberschreitenden Engagements des Handwerks.

Polskie rzemioslo - empiryczne wyniki

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