Innovationsschutz im Mittelstand: Strategien und deren Bestimmungsfaktoren
Thomä, J. & Zimmermann, V. (2012). Innovationsschutz im Mittelstand: Strategien und deren Bestimmungsfaktoren. Göttinger Handwerkswirtschaftliche Arbeitshefte (Heft 70). Duderstadt: Mecke.
Innovationen sind aus Unternehmensperspektive ein wichtiger Wettbewerbsfaktor und tragen zu langfristigem Wirtschaftswachstum und zur Lösung der anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen bei. Wesentliches Hindernis für Unternehmen, Innovationen anzugehen, stellen die Schwierigkeiten dar, die Innovationsergebnisse vor einer unberechtigten Nutzung durch Dritte zu schützen. Da Unternehmen nur dann bereit sind, in Innovationen zu investieren, wenn es ihnen gelingt, sich in einem ausreichenden Maß Erträge daraus zu sichern, droht ohne einen effektiven Schutz die Innovationsbereitschaft der Unternehmen zu sinken und wichtige Impulse für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands auszubleiben. Daher wurde im Rahmen eines Kooperationsprojekts des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen (ifh Göttingen) und der KfW-Bankengruppe / Abteilung Volkswirtschaft erhoben, welche Schutzmechanismen mittelständische Unternehmen für den Schutz ihrer Innovationen als wichtig erachten. Die Untersuchung analysiert die Bestimmungsfaktoren der Wertschätzung der wichtigsten formalen Schutzrechte und strategischen Schutzinstrumente.
Fast drei Fünftel der mittelständischen Innovatoren messen dem zeitlichen Vorsprung vor Konkurrenten eine hohe Bedeutung bei. Mit der langfristigen Bindung von qualifiziertem Personal (29 %) sowie der Geheimhaltung (27 %) rangieren zwei weitere strategische Schutzinstrumente vor formalen Schutzrechten, wie Gebrauchsmustern, Handelsmarken und Urheberrechten mit 23 % sowie Patenten mit 19 %. Die Komplexität ihrer Innovationen in Bezug auf die zu Grunde liegende Technik und Gestaltung halten 12 % der Unternehmen für ein wichtiges Schutzinstrument. Die seltenere Wertschätzung (als wichtigen Innovationsschutz) von formalen Schutzrechten ist jedoch nicht ausschließlich auf die hohen Kosten ihrer Nutzung – insbesondere bei Patenten – zurückzuführen. Vielmehr ist die unterschiedliche Bedeutung der einzelnen Schutzrechte und -instrumente auch ein Ausdruck der heterogenen Ausrichtung und Ziele der Innovationsaktivitäten mittelständischer Unternehmen, die entsprechend verschiedene Schutzstrategien zur Folge haben.
Auf zeitliche Vorsprünge vor Wettbewerbern setzen vor allem größere Unternehmen sowie Unternehmen, die zumindest gelegentlich eigene Forschung und Entwicklung (FuE) betreiben oder Kooperationen unterhalten. Auch für innovative junge Unternehmen ist dieser Aspekt wichtiger als für andere Unternehmen. Durch formale Schutzrechte – insbesondere Patente – werden hauptsächlich die Ergebnisse formalisierter Innovationsprozesse, wie etwa kontinuierlicher FuE-Tätigkeit, geschützt. Dagegen spielen strategische Schutzinstrumente wie Personalbindung, Geheimhaltung oder Komplexität – eine wichtigere Rolle, wenn vor allem personengebundenes Erfahrungswissen für das Hervorbringen von Innovationen genutzt wird. So sind etwa die Komplexität und die Geheimhaltung der Lösungswege bei neu- und weiterentwickelten Produktionsprozessen für den Schutz vor Nachahmung wichtiger als bei Produktinnovationen.
Hervorzuheben ist insbesondere die langfristige Bindung von qualifiziertem Personal. Diesem Instrument kommt bei einem breiten Spektrum an mittelständischen Unternehmen und bei vielen, unterschiedlich ausgerichteten Innovationsprozessen – gerade auch in nicht FuE-treibenden Unternehmen und im Handwerk – für die Aneignung der Innovationserträge eine wichtige Bedeutung zu. Darüber hinaus dient die Rekrutierung und Bindung der mit Innovationsaufgaben betrauten Mitarbeiter der langfristigen Sicherung der Innovations- und damit der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Insofern dürfte vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung in Deutschland und des zu erwartenden Fachkräftemangels gerade dieser Aspekt in mittelständischen Unternehmen zukünftig noch an Bedeutung gewinnen.
Die Studie der beiden Autoren Jörg Thomä (ifh Göttingen) und Dr. Volker Zimmermann (KfW Bankengruppe) ist bereits in der Publikationsreihe „Standpunkt“ der KfW Research, Nr. 16, März 2012 erschienen.