Energiekosten im Handwerk
Kornhardt, U. (2006). Energiekosten im Handwerk. Göttinger Handwerkswirtschaftliche Arbeitshefte (Heft 57). Göttingen.
Durch die starken Energiepreissteigerungen in den letzten Jahren sind auch in den Handwerksbetrieben die Kosten für Energie erheblich gestiegen. Insgesamt beliefen sich im Jahr 2005 die Energiekosten im Handwerk auf 10,7 Mrd. EUR. Damit haben sich die Aufwendungen für Energie gegenüber 1998 fast um die Hälfte erhöht. Entsprechend hat auch das Gewicht der Energiekosten in der Kostenbilanz des Handwerks zugenommen. So stieg der Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten von 1998 bis 2005 von 2,6 % auf 3,5 % an. Dabei dürfte es den Handwerksbetrieben aufgrund des scharfen Wettbewerbs auf zahlreichen Absatzmärkten vielfach kaum möglich gewesen sein, die Preiserhöhungen bei der Leistungserstellung vollständig oder zumindest teilweise an die Kunden weiterzugeben.
Insbesondere die starke Verteuerung von Kraftstoffen in den letzten Jahren hat zu einer erheblichen Erhöhung der Energierechnung bei vielen Handwerksbetrieben geführt. Zahlreiche Handwerke, wie etwa die Bau- und Ausbauhandwerke erbringen ihre Leistungen direkt beim Kunden, sind also auf einen entsprechenden Fuhrpark angewiesen. Entsprechend entfallen dort bereits über 40 % der Energiekosten auf Kraftstoffe. Die wirtschaftlich vertretbaren Möglichkeiten, hier Energie und damit Kosten einzusparen, sind begrenzt, da die Mobilität der Betriebe vielfach unabdingbar ist.
Daneben wird in der Untersuchung deutlich, dass die kleinen Handwerksbetriebe bis zu fünf Beschäftigten kostenmäßig am stärksten von der Energieverteuerung belastet werden. Hier liegt der Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten mittlerweile zwischen 5 % und 7 %. Dagegen schlagen bei den mittleren und großen Handwerksbetrieben ab 20 Beschäftigte die Energiekosten anteilig wesentlich weniger stark zu Buche. Hier liegt der Energiekostenanteil durchweg unter 2 % der Gesamtkosten. Generell lässt sich feststellen, dass der Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten mit steigender Betriebsgröße abnimmt.
Die einzelnen Handwerksbranchen bzw. –zweige sind kostenmäßig in ganz unterschiedlichem Ausmaß von der Energieverteuerung betroffen. Dies hängt in erster Linie von der konkreten Produktions- bzw. Leistungsstruktur ab, durch die der Energiebedarf weitestgehend determiniert ist. So schlagen insbesondere bei den Verarbeitenden Handwerken die Energiepreissteigerungen kostenmäßig zu Buche. Zu nennen sind hier an erster Stelle die Nahrungsmittelhandwerke, Keramiker und Galvaniseure, die sich durch eine weit überdurchschnittliche Energieintensität auszeichnen. Mit Abstand am stärksten betroffen von den starken Energiepreissteigerungen sind jedoch die Textilreiniger, die als Dienstleistungshandwerk nicht nur die absolut höchsten Energiekosten je Betrieb, sondern mit über 14 % auch die höchste Energieintensität von allen Handwerkszweigen aufweisen. Daneben lassen sich, wie bereits oben erwähnt, auch bei den Handwerken, die ihre Leistungen vorwiegend direkt beim Kunden erbringen und von daher einen entsprechenden Fuhrpark vorhalten müssen, erhebliche Mehrkosten durch die Preiserhöhungen bei Kraftstoffen feststellen. Das betrifft fast ausnahmslos die Bau- und Ausbauhandwerke, ferner die Schornsteinfeger und Gebäudereiniger.
Insgesamt dürfte trotz der starken Preiserhöhungen bei Energie in den letzten Jahren und des gestiegenen Gewichts der Energiekosten in der Kostenbilanz des Handwerks die Energieintensität in vielen Handwerksbetrieben jedoch nach wie vor unterhalb jener kritischen Schwelle liegen, ab der die Energiekosten im Hinblick auf vorhandene Einsparpotentiale im Betrieb verstärkt in den Fokus rücken. Nach Expertenschätzungen sind gerade bei kleinen- und mittleren Betrieben bzw. im Handwerk durch eine rationelle Energienutzung noch erhebliche wirtschaftlich erschließbare Einsparpotenziale vorhanden. Eine konsequente Ausschöpfung bestehender rentabler Energieeinsparpotentiale kommt dabei nicht nur dem Klimaschutz zugute, sondern trägt maßgeblich dazu bei, die Energiekosten in der Produktion zu senken und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Handwerksbetriebe zu stärken – ein Aspekt, der vor dem Hintergrund steigender Energiepreise künftig an Bedeutung gewinnen dürfte.
Mit der vorliegenden Arbeit legt das Volkswirtschaftliche Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen den ersten Teil einer Untersuchung über die Auswirkungen der Energiepreisentwicklung auf das Handwerk vor, die das ifh Göttingen gegenwärtig im Auftrag des Zentralverbands Deutschen Handwerks durchführt. Im Mittelpunkt des zweiten Teils der Untersuchung wird die Frage stehen, inwieweit das Handwerk von steigenden Energiepreisen durch eine erhöhte Nachfrage im Bereich des energiesparenden Bauens und neuen Marktfeldern wie etwa Erneuerbare Energien profitiert.