Neuere Erkenntnisse über das Auslandsengagement im Handwerk
Müller, K. (1997). Neuere Erkenntnisse über das Auslandsengagement im Handwerk. Göttinger Handwerkswirtschaftliche Arbeitshefte (Heft 37). Göttingen.
Das Handwerk ist zwar primär binnenwirtschaftlich ausgerichtet, internationale Wirtschaftsbeziehungen bekommen für diesen Wirtschaftsbereich jedoch ein immer größeres Gewicht. Bislang waren genaue Informationen über den Umfang dieses Auslandsengagements nicht verfügbar. Durch eine geeignete Aufbereitung der Handwerkszählungsergebnisse von 1995 konnte zum ersten Mal ein genaues Bild darüber gewonnen werden, wieviele Handwerksbetriebe im Ausland tätig sind und wie sich diese auf die einzelnen Betriebsgrößen, Regionen und Branchen verteilen. In einem zweiten Teil der Publikation wird der bisherige Erkenntnisstand über die Gründe für ein handwerkliches Auslandsengagement, den Einstieg in das Auslandsgeschäft, die geeigneten Formen der ausländischen Marktbearbeitung, erfolgversprechende Exportländer und das handwerkliche Exportpotential in übersichtlicher Form zusammengefasst und aufbereitet. Die Untersuchung brachte folgende Ergebnisse:
- Das deutsche Handwerk hat im Jahr 1994 etwa 1,8 % seines Umsatzes im Ausland getätigt. Dies waren über 14 Mrd. DM. Damit trägt das Handwerk mit 2,1 % zur gesamten Ausfuhr der deutschen Volkswirtschaft bei. Insgesamt waren 17 605 Handwerksunternehmen im Ausland tätig (3,1 % des handwerklichen Betriebsbestandes). Diese Unternehmen setzten im Durchschnitt über 800 000 DM pro Jahr im Ausland ab.
- 85 % des Auslandsumsatzes wird von Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten getätigt. Jedoch haben fast 50 % der exportierenden Betriebe weniger als 10 Mitarbeiter.
- Über 95 % des handwerklichen Auslandsumsatzes wird von Handwerksbetrieben aus den alten Bundesländern erzielt. Hier liegt der Auslandsumsatzanteil mit insgesamt 2,1 % wesentlich höher als im Osten Deutschlands (0,5 %). Bezogen auf die einzelnen Bundesländer ist das handwerkliche Auslandsengagement in Baden-Württemberg sowie den beiden Stadtstaaten Hamburg und Bremen am größten.
- Etwa 22 % des handwerklichen Auslandsumsatzes wird von Betrieben aus grenznahen Regionen getätigt. Der Exportanteil liegt hier mit 2,9 % beträchtlich über dem des Binnenlandes mit 1,6 %.
- 60 % des handwerklichen Auslandsumsatzes konzentriert sich bei den produzierenden Handwerken für den gewerblichen Bedarf. In diesem Bereich wird der Export vor allem im Maschinenbau (Sonder- und Werkzeugmaschinen) und bei der Herstellung von elektrotechnischen Geräten und -einrichtungen sowie von medizin-technischen Geräten erzielt.
- Deutsche Handwerksbetriebe haben dann im Ausland Chancen, wenn sich ihr Angebot deutlich in Qualität, Termintreue und Zuverlässigkeit von denen der Konkurrenz aus dem Ausland abhebt. Teilweise exportieren deutsche Handwerksbetriebe auch Güter und Dienstleistungen, die im Ausland nicht erhältlich sind.
- Die Basis der internationalen Wettbewerbsvorteile ist vor allem eine starke Konkurrenz zwischen den Handwerksbetrieben im Inland, die zu einer stetigen Verbesserung des Leistungsprogramms zwingt, und das Wissen und das Können der Mitarbeiter, die aufgrund ihrer guten Ausbildung die Leistungsfähigkeit der Handwerksbetriebe sicherstellen.
- Im Gegensatz zur Industrie erfolgt der Einstieg in das Auslandsgeschäft im Handwerk nicht aus einem strategischen Ansatz heraus. Häufig werden zufällig sich ergebende Gelegenheiten genutzt. Eine wichtige Rolle spielen auch die Handwerksorganisationen, die ihre Mitgliedsbetriebe durch geeignete Hilfen an Auslandsgeschäfte heranführen.
- Etwa 8,5 %, das sind 50 000 Handwerksbetriebe, erfüllen die Voraussetzungen zu einem internationalen Engagement. Dies gibt ein potentielles Exportvolumen von bis zu 40 Mrd. DM. Diese Handwerksbetriebe sind bislang vor allem deshalb nicht im Ausland tätig, weil sie nicht wissen, ob ihre Produkte und Leistungen im Ausland auf Interesse stoßen und wer potentielle Abnehmer sind.