Neue Studie des ifh Göttingen: Handwerk ist durch Erfahrung innovativ!

15.06.2018

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts "Objekte der Könner. Materialisierungen handwerklichen Erfahrungswissens zwischen Tradition und Innovation" (OMAHETI) beschäftigte sich das ifh Göttingen mit dem Zusammenhang von Erfahrungswissen und Innovationen in traditionellen Handwerksbereichen. Dabei wurde untersucht, in welchen Zusammenhängen Handwerksbetriebe innovieren. Mittels einer Anreiz-Hemmnis-Analyse konnten innovationsfördernde und -hemmende Faktoren im handwerklichen Institutionengefüge identifiziert werden.

Die Studie zeigt, dass das Erfahrungswissen der einzelnen handwerklichen Könner die zentrale Innovationsgrundlage bildet. Da sich Handwerker solches Wissen vorwiegend im Zuge gemein­schaftlicher Lernprozesse in ihren verschiedenen beruflichen Stationen aneignen, kommt die neue Untersuchung des ifh Göttingen zu dem Schluss: Wer auf den Austausch mit anderen (handwerklichen) Wissensträgern verzichtet, bringt sich um wichtige Innovationspotenziale und damit langfristig um betriebliche Wettbewerbsfähigkeit.

In der Studie wurden zwei verschiedene Bereiche näher untersucht, in denen erfahrungsbasiertes Lernen und Innovieren besonders stark ausgeprägt sind: der traditionsreiche Orgelbau und der erst seit den 1980er Jahren wiederbelebte Lehmbau. Dabei konnte zum einen offen­gelegt werden, welche institutionellen Rahmenbedingungen in den beiden Handwerksbereichen Einfluss auf Innovationsprozesse nehmen, wozu vor allem interaktive Kundenbeziehungen und wissensteilende Netzwerke zählen, da sich Innovationen stets im Kontext zwischenmenschlicher Interaktionen entwickeln. Zum anderen konnten innovationsförderliche Institutionen zur Wissensteilung im deutschen Handwerk identifiziert werden, wie etwa das duale System mit seinen Lernorten, die im Idealfall auch Interaktionsräume bereitstellen. In den vergangenen Jahren weisen handwerkliche Betriebe als die bedeutungsvollsten Interaktionsräume allerdings Tendenzen auf, welche die Lern- und Innovationsprozesse mittel- und langfristig negativ beein­flussen könnten. Die Interaktionsmöglichkeiten nehmen ab und die zwischenbetriebliche Koope­ration kompensiert diese Entwicklungen bislang nicht ausreichend.

Aus diesen Erkenntnissen werden Empfehlungen für eine auf die Bedürfnisse von Handwerks­betrieben abgestimmte Innovationsförderung abgeleitet, wie die Förderung und Etablierung von neuen überbetrieblichen Interaktionsräumen im Handwerk. Diese sollten weitgehend wett­bewerbsneutral und offen zugänglich sein, um die Innovationspotenziale auszuschöpfen. Gelingt die Etablierung der Interaktionsräume in der Praxis, kann im Handwerk auch weiterhin gelten: Aus Erfahrung innovativ!

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